Herzensentscheidung: Simon muss Leistungssportkarriere beenden

Zu früh, viel zu früh. Mit gerade einmal 24 Jahren beendet unser Triathlet Simon Henseleit seine aktive Leistungssportkarriere. Die Auswirkungen eines angeborenen Herzfehlers zwingen den U23-Weltmeister und Mixed-Team-Relay-Weltmeister von 2023 zum vorzeitigen Rücktritt. Die Deutsche Triathlon Union, der Bayerische Triathlon Verband, der GOLDENE RING e. V. und Nürnberg verlieren einen Bilderbuchathleten, hoffen aber auf eine baldige Rückkehr von Simon in anderer Funktion.

Die Entscheidung hat sich Simon nicht leicht gemacht. Am Ende kam sie wortwörtlich von Herzen. Unser 24-Jährige Triathlet unterzog sich in den letzten Monaten mehreren Untersuchungen bei anerkannten europäischen Herzspezialisten, um verschiedene Meinungen einzuholen. Die Aussagen waren fast alle deckungsgleich: Eine unnatürliche Weitung seiner Aortenwurzel, die in den letzten Jahren stetig zugenommen hat, birgt die Gefahr, dass das Herzgefäß unter hohen Wettkampfbelastungen reißt. Ein solcher Aortenriss verläuft meist tödlich.

Die Problematik war seit Beginn von Simons Profi-Karriere bekannt und wurde engmaschig medizinisch kontrolliert. Die Entwicklungen der letzten Monate zwingen unseren Stipendiaten nun sich aus der Weltspitze zurückzuziehen. „Im Triathlon muss man sich blind auf seinen Körper verlassen können, denn man verlangt ihm so einiges ab. Ich kann mich sehr glücklich schätzen, dass die letzten Jahre alles gut gegangen ist und ich auf eine – zwar nicht sehr lange – aber dennoch sehr erfolgreiche Karriere zurückblicken darf“, zieht Simon sein Fazit. 

Trotz seines frühen Rücktritts konnte Simon den Namen Henseleit mehrfach in die Triathlon-Geschichtsbücher eintragen: Bei den Europameisterschaften 2022 in Olszytn, Polen sicherte er sich auf der Supersprintdistanz den U23-Europameistertitel. Im Mixed Team Relay bei den Europameisterschaften 2022 in München im gleichen Jahr gewann Simon die Silbermedaille. Besonders emotional war sein Sieg beim Einzelstart der Triathlon-Bundesliga in seiner Wahlheimat Nürnberg mit dem viel umjubelten Zieleinlauf auf dem Hauptmarkt.

Der Coup folgte aber ein Jahr später: Im Juli 2023 holte der gebürtige Steingadener bei der WM mit der Mixed-Team-Relay-Staffel in Hamburg zusammen mit Tim Hellwig, Annika Koch und Laura Lindemann für Deutschland Gold. Für die Deutsche Triathlon Union (DTU) war es das erste Mixed-Relay-Edelmetall seit 2019 und der erste WM-Titel in dem spannenden und rasanten Sprint-Staffelformat seit über 10 Jahren.

Im September 2023 gewann Simon im spanischen Pontevedra bei der U23-WM zudem im Einzelwettbewerb Gold. Es war erst der vierte U23-WM-Titel für die DTU insgesamt und der erste seit 2009. Wegen dieser Erfolge und weil Simon noch deutlich vor seinem Zenit abtritt – der bei Triathleten auf der olympischen Distanz normalerweise zwischen 27 und 30 Jahren liegt – zählte Henseleit zum engen Kreis von Athleten, denen Triathlon-Experten und Verantwortliche bei der DTU eine Qualifikation für Olympischen Spiele zutrauten. „Für mich fühlt es sich gerade, an als hätte meine Reise im Profitriathlon erst begonnen. Wenn ich ganz aktiv über meine Erfolge nachdenke, wird mir erst klar, dass ich doch schon ein bisschen stolz sein kann“, resümiert Henseleit.

Simon Henseleit gewinnt den U23-Weltmeistertitel in Pontevedra. (Foto Marcel Hilger)

Auch wenn sich Simon über mehrere Wochen auf die Verkündung seines Rücktritts vorbereitete und vorab schon Trainer und Sponsoren informierte, war die Veröffentlichung seines Karriereendes in den Sozialen Medien für ihn ein sehr emotionaler Moment: „Ich war überwältigt von den vielen Nachrichten, die mich erreicht haben. Auch viele Profis aus anderen Sportarten, die ich persönlich gar nicht so gut kenne, haben mir geschrieben.“

Simon empfindet jetzt vor allem große Dankbarkeit: „Ich bin sehr dankbar für die vielen wunderbaren Menschen, die ich über den Triathlon kennenlernen durfte und die mich auf dem Weg aus Oberbayern bis in die Weltspitze begleitet haben. Es sind viele Freundschaften entstanden. Über den Triathlon hatte habe ich meine Freundin Michelle kennengelernt, die seit knapp acht Jahren sämtliche Höhen und Tiefen miterlebt hat. Oder meinen langjährigen Trainer Roland Knoll, der mich vor zehn Jahren nach Nürnberg brachte und mir mit all seiner Erfahrung und seiner ruhigen Art nicht nur viel über den Triathlon, sondern auch fürs Leben beigebracht hat.“

Eine entscheidende Rolle haben natürlich auch Simons Eltern und seine Schwester Franca gespielt: „Egal ob bei der täglichen Fahrt zum Training oder an den vielen Wochenenden auf Wettkämpfen, meine Eltern haben mich bei all meinen Vorhaben bedingungslos unterstützt und das mit einer perfekten Mischung aus Ehrgeiz und Gelassenheit.“

Seit Januar 2020 wurde Simon Henseleit durch den GOLDENEN RING gefördert. „Simons Erfolge in jungen Jahren haben gezeigt, welches Potenzial in ihm steckt. Die Teilnahme an Olympischen Spielen für Nürnberg und Deutschland – spätestens in Los Angeles – waren unser gemeinsames großes Ziel. Jetzt kommt alles anders. Aber auch so wird Simon seinen Weg gehen. Persönlichkeiten wie ihn braucht man in jeder Branche,“ blickt GOLDENER RING Vorstand Benny Jung optimistisch in die Zukunft.

Simon Henseleit bei seiner Aufnahme in den GOLDENEN RING e. V. im Januar 2020.

Wie es beruflich weitergeht hat der 24-Jährige noch nicht entschieden. „Ich möchte dem Triathlon natürlich erhalten bleiben. Er war bis hierhin der Mittelpunkt meines Lebens und wird auch in Zukunft eine wichtige Rolle einnehmen. Gerade gebe ich etwas Training für den Triathlon-Nachwuchs und arbeite weiter mit ein paar meiner Sponsoren zusammen. Wo es mich in den nächsten Jahren hinverschlägt weiß ich noch nicht genau, aber ich bin gespannt darauf es herauszufinden.“

Lieber Simon, wir sind dankbar für die gemeinsam Zeit und wünschen dir für deinen weiteren Weg nur das Beste! Beim GOLDENEN RING ist immer eine Tür für dich offen.